Eine alte Strohauser Schifferfamilie

                  Quelle:   „Leuchtfeuer“

                                 Heimatblatt für die Jugend zwischen

                                 Niederelbe und Ems

                                 (NWZ- Beilage vom 27. August 1977)

                                 Wilhelm Purnhagen

 

Die ehemals beträchtliche Zahl der hier ansässigen Schiffer ist notgedrungen zu größeren Häfen oder in andere Berufe übergewechselt. Oben wurde schon angedeutet, dass aber eine Familie durch Generationen hindurch bis in die neuere Zeit hinein ihrem Beruf treu geblieben ist: die Familie Boyksen.


Sie muss schon sehr lange in diesem Gebiet beheimatet gewesen sein. In der zu Anfang erwähnten Urkunde von 1220 wird Boyke von Havendorf genannt als Vertreter des Kirchspiels Rodenkirchen bei den Verhandlungen mit den Bremern über die Sicherung der Schifffahrt auf der Weser. In der Folgezeit tritt der Name Boyksen (= Boykes Sohn) häufiger auf, ohne dass sich daraus ein Stammbaum aufstellen ließe.


Aus den Kirchenbüchern von Rockenkirchen lässt sich nachweisen, dass die Boyksens über 600 Jahre als Schiffer und Zimmerleute in diesem Raum ansässig waren. In  Strohausen ist auch der jetzt in Elsfleth wohnende Kapitän i. R. Anton Boyksen geboren, auf dessen Bericht sich die folgenden Ausführungen stützen. Schon von seinem Ururgroßvater, Kapitän Boyksen in Strohausen, sind genauere Einzelheiten bekannt.


Sein Sohn, Jakob Wilhelm Boyksen, war ebenfalls Schiffer in Strohausen. Er wurde am 13. September 1816 geboren. Dessen Sohn Anton Günther Boyksen, geb. 18.3.1850, war wiederum Schiffer in Strohausen. Er war der erste Schiffer der Familie, der außerhalb des Deiches am Strohauser Siel wohnte, wo er 1872 ein Grundstück erworben hatte.


Hier wohnte auch sein Sohn, Anton Wilhelm Boyksen, geb. am 17. 10. 1880. Als Reeder Kapitän besaß er zwei Schiffe, "Matador" und "Sophie". Als der erste Weltkrieg ausbrach, lagen beide Schiffe mit Steinen , beladen auf der Reede von Blexen. Die meisten Besatzungsmitglieder wurden sofort zum Heeresdienst eingezogen. Notgedrungen wurde die "Matador" auf der Außenweser gelöscht und dann unbeladen nach Strohausen gebracht, wo sie in der "Gate" (s. Plan) stillgelegt wurde. Anfang 1917 wurde das Schiff aus Mangel an Besatzung verkauft. Mit der "Anna Sophie" fuhr Kapitän Anton Wilhelm Boyksen dann während des Krieges zwischen  Deutschland und Dänemark.


Im Jahre 1938 ließ er sich dann wieder ein zweites Schiff, die "Hohe Weg" bauen. Im zweiten Weltkrieg wurde dieses Schiff von der Kriegsmarine für die Kabelwerke beschlagnahmt. Am 10. August 1944 erhielt Kapitän Boyksen folgendes Schreiben von den Nordenhamer Kabelwerken: "Zu unserem großen Bedauern müssen wir Ihnen die Mitteilung machen, dass Ihr Schiff leider durch Feindeinwirkung (in der  Biskaya) verloren gegangen ist.


Erfreulicherweise sind Verluste unter der Besatzung nicht eingetreten.


Die geringe Entschädigung für das im Kriege von englischen Zerstörern versenkte Schiff und die Entwertung seines ersparten Kapitals brachten den wackeren Mann nach dem Kriegsende in eine schwierige Lage. Seine Kraft war gebrochen, er hat nichts mehr unternommen und starb 1950.


Der Sohn von Anton Wilhelm Boyksen, der jetzt in Elsfleth wohnende Kapitän Anton Hinrich Boyksen, wurde am: 29.4.04 geboren. Nach seiner Schulentlassung fuhr er zunächst auf einem Schulschiff, machte dann drei Jahre Dienst auf seines Vaters Schiff "Anna. Sophie" als Leichtmatrose, Matrose und Bestmann und wurde hier in der harten Schule der kleinen Schifffahrt gründlich zum Seemann ausgebildet, Nach Ableistung der vorgeschriebenen Fahrenszeit besuchte er dann die Seefahrtsschule in Elsfleth und erwarb zunächst das Zeugnis A 5, dann auch A 6, das befähigt, Schiffe jeder Größe auf allen Meeren zu führen.


Dann trat er als Schiffsoffizier beim Norddeutschen Lloyd ein. Das M. S. "Goslar", auf dem er  fuhr, ging zu Beginn des zweiten Weltkrieges vor der niederländischen Kolonie Surinam verloren, und er wurde mit der Besatzung interniert. Er schreibt dazu:,,1941 bin ich noch aus dem Internierungslager Copie in Surinam ausgebrochen und 16 Tage durch den Urwald gelaufen bis zur Grenze . der französischen Kolonie Cayenne: ein Erlebnis besonderer Art. Für 50 Gulden Kopfgeld haben uns die Buschneger und Indianer am Grenzfluss eingefangen und "heim ins Reich gebracht".


Erst 1947 konnte Anton Boyksen über Holland in die Heimat zurückkehren. Da Deutschland damals keine Schiffe besaß, musste er vom Norddeutschen Lloyd entlassen werden. Er trat dann als Reeder-Kapitän in die Fußstapfen seiner Vorfahren. Mit seinem neuerbauten Schiff „Anton Wilhelm" fuhr er dann von 1951 an wie sein Vater lange Jahre und ließ inzwischen auch noch andere Schiffe bauen. Am Schlusse seines Berichts heißt es: „Nach 121/2h Jahren bin ich noch einmal umgestiegen und habe die „Freya" gebaut.


Der jüngste Sohn von Kapitän Anton Boyksen wohnt heute noch in Strohausen und hat die Aufgabe, die uralte Tradition der Familie fortzusetzen.